Offener Brief an den Bayerischen Ministerpräsidenten Marcus Söder

Betrifft das Verbot der ehemaligen deutschen Reichskriegsflagge im öffentlichen Raum

Kriegsflagge des Norddeutschen Bundes 1867–1871
Die kaiserlichen Reichskriegsflagge
? Reichskriegsflagge der“Weim,arer“ Rerpublik

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

wenn Deutschland in diesen Tagen durch völlig irrationale Zwangsverordnungen und allerorten aufgestellte „Gessler Hüte“, geradezu verzweifelt versucht, sich zwischen Genderismus und Greta, bis hin zu allen möglichen „ismen“ zu strukturieren, dann kann man dazu nur feststellen: Die ehemals so pluralistische und politisch  klar orientierte  Republik, verfällt  rasend schnell zu einem desorientierten Staat, der voller Mythen, manisch und manchmal auch hysterisch versucht, seine Konzeptionslosigkeit hinter haarstäubenden Anordnungen und Verboten zu verbergen. In diesem Sinne sehe ich auch in meiner ehemaligen politischen Heimat, der CSU, der ich, als ich noch in Deutschland lebte, über 30 Jahre angehörte, kaum mehr anderes als politischen Dilettantismus. Ich versichere Sie, lieber Herr Ministerpräsident, meiner Anteilnahme, wenn Sie tief betroffen die Schmähbriefe von ein paar durchgeknallten Typen ernsthaft  auf einem Parteitag verlesen, als Beleg, gewissermaßen, wie groß die Gefahr von „rechts“ angeblich sei. Nein, solchen Unrat wirft man normalerweise kopfschüttelnd in den Papierkorb.

Es zeugt von schlichtem Gemüt, diese von ihnen kolportierten Anwürfe ernsthaft als politisch „rechts“ zu klassifizieren. Es sei einmal dahingestellt, ob Sie hier zum Zwecke der politischen Kleingeldbeschaffung, auf die Solidarität eines weitgehend politisch und geschichtlich verblödeten Klientels spekulieren oder aber tatsächlich „leidvoll“ rechtes. Gedankengut“ aus der Lektüre des von Ihnen kolportierten bösartigen Schwachsinns ablesen.  

 Ich neige auf jedenfalls dazu, Ihnen, Herr Ministerpräsiden, ersteres zu unterstellen, da sie sich ja auch ganz offensichtlich mit Ihrer  Entscheidung, die ehemalige Reichskriegsflagge zu verbieten, an eben jene verblödete Klientel zu wenden scheinen, die da glaubt, mit absurd bis schwachsinnigen Verboten, wäre die geradezu kollektive Verwirrtheit in Ihrem Lande aufzudröseln, ganz nach dem Motto: Wenn zu viele, falsche Leute quertgestreifte Hemden tragen, muss man quergestreifte Hemden verbieten. Damit bin ich geradewegs bei der Deutschen Verbotsphilosophie und dem Verbot der Reichskriegsflagge

Bei Ihrem Verbot der Reichskriegsflagge haben sie ein echtes Problem, indem Sie völlig willkürlich und wenig geschichtskonform ein anerkannt respektables, normative Symbol aus der deutschen Geschichte durch Verbot zu diffamieren beabsichtigen. Weniger ergebene Historiker, an denen es in der BRD eh mangelt, würden Ihnen empfehlen, die Reichskriegsflagge als solche nicht zu verbieten, sondern diese unter hoheitsrechtlichen Schutz zu stellen, im Rahmen dessen, der Gebrauch dieser Flagge zu regeln wäre. Da wohl auch die CSU ihr Staatsverständnis zur Gegenwart und Geschichte Deutschlands den Grünen und den Sozialisten folgend, überdacht hat, denke ich, dass Sie sich wohl kaum der Mühe unterziehen werden, den Flaggenmißbrauch, der ohne Zweifel stattfindet, differenziert zu unterbinden. Ansonsten wird es sein, wie die große Schriftstellerin Germaine de Staël zu Beginn des 19. Jahrhunderts in ihrem Werk „Über Deutschland“ schreibt, ich zitiere: „Wenn den Deutschen noch so großes Unrecht angetan wird, findet sich doch immer ein obskurer deutscher Professor, der so lange an der Objektivität herumbastelt, bis er bewiesen hat, dass die Deutschen Unrecht getan haben.“

Lassen Sie mich abschliessend, wie folgt, aus dem Briefroman „Hyperion“ von Friedrich Hölderlin zitioeren: So kam ich unter die Deutschen:
Ich forderte nicht viel und war gefaßt, noch weniger zu finden. […] Es ist ein hartes Wort, und dennoch sag‘ ichs, weil es Wahrheit ist: ich kann kein Volk mir denken, das zerrissner wäre, wie die Deutschen.

Handwerker siehst du, aber keine Menschen. Denker, aber keine Menschen. Priester, aber keine Menschen. Herrn und Knechte, Jungen und gesezte Leute, aber keine Menschen – ist das nicht, wie ein Schlachtfeld, wo Hände und Arme und alle Glieder zerstükelt untereinander liegen, indessen das vergossne Lebensblut im Sande zerrinnt? […]

Es ist auf Erden alles unvollkommen, ist das alte Lied der Deutschen. Wenn doch einmal diesen Gottverlassnen einer sagte, daß bei ihnen nur so unvollkommen alles ist, weil sie nichts Reines unverdorben, nichts Heiliges unbetastet lassen mit den plumpen Händen, daß bei ihnen nichts gedeiht, weil sie die Wurzel des Gedeihns, die göttliche Natur nicht achten, daß bei ihnen eigentlich das Leben schal und sorgenschwer und übervoll von kalter stummer Zwietracht ist, weil sie den Genius verschmähn, der Kraft und Adel in ein menschlich Tun, und Heiterkeit ins Leiden und Lieb und Brüderschaft,  den Städten und den Häusern bringt.

Ihrer geschätzten Antwort, Herr Ministerpräsident, sehe ich mit Interesse entgegen.

Mit höflichem Gruss
Rolf Dieter Lehner